Logo Bildungsland NRW - Bildungsportal

Stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann überreicht Bundesverdienstorden an verdiente Bürgerinnen und Bürger aus Nordrhein-Westfalen

12.11.2015

Die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen Sylvia Löhrmann hat in Vertretung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland an verdienteBürgerinnen und Bürger aus Nordrhein-Westfalen überreicht. In Düsseldorf würdigte die stellvertretende Ministerpräsidentin in einer Feierstunde das Wirken dieser Frauen und Männer zum Wohl der Gemeinschaft. „Mit dem Bundesverdienstorden werden herausragende Verdienste unserer Bürgerinnen und Bürger sichtbar. Und wir sagen in einer angemessenen Form ‚Danke’ für das besondere Engagement“, betonte die Ministerin.

An die Ausgezeichneten gewandt, sagte Sylvia Löhrmann: „Sie sind Vorbilder für uns alle. Sie kümmern sich um Jugendliche oder psychisch Kranke, Suchtkranke und ihre Angehörigen, um Menschen mit Behinderung und Bedürftige, Sie halten die Erinnerung an unsere Geschichte wach, sind für Asylsuchende da, engagieren sich für Ihr Quartier und die dort lebenden Menschen oder für unsere Wirtschaft und die Kultur. Kurz: Ihr Engagement ist so vielfältig wie unsere Gesellschaft selbst. Sie leben uns Werte wie Solidarität und Nächstenliebe, Toleranz und Zivilcourage vor. Werte, die nicht ‚von oben’ verordnet werden können, sondern die mit Leben erfüllt, die vorgelebt werden müssen. Nur so haben diese Werte Bestand und können auch glaubhaft weiter vermittelt werden.”



Die stellvertretende Ministerpräsidentin überreichte die Orden an:

  • Betty Bausch-Polak aus Kfar Saba/Israel
    (Verdienstkreuz am Bande)
  • Ulrike von Bünau, Siegen (Verdienstkreuz am Bande)
  • Heinz Brandt, Dinslaken (Verdienstkreuz am Bande)
  • Dr. Sabine Felbecker, Bochum (Verdienstkreuz am Bande)
  • Hildegard Fielenbach-Hensel, Goch (Verdienstkreuz am Bande)
  • Klaus-Ulrich Franzke, Gütersloh (Verdienstkreuz Erster Klasse)
  • Hans W. Geißendörfer, Köln (Verdienstkreuz am Bande)
  • Erkan Kocalar, Duisburg (Verdienstkreuz am Bande)
  • Anna und Friedhelm Kruse, Rheine (Verdienstkreuz am Bande)
  • Maria Poquett, Aachen (Verdienstkreuz am Bande)
  • Werner Sülzer, Lindlar (Verdienstkreuz am Bande)
  • Renate Tschirner, Moers (Verdienstkreuz am Bande)
  • Horst Wiechers, Münster(Verdienstkreuz am Bande)

    Hinweis:

    Fotos von der Ordensaushändigung stehen am Folgetag ab
    ca. 10.00 Uhr auf unserer Internetseite http://www.land.nrw/ bereit.

    Die Laudationes im Wortlaut:

    ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!



Betty Bausch-Polak aus den Niederlanden und Israel

„Das Leben hat uns viel genommen, das Leben hat uns viel gegeben, das Leben sei gesegnet“ – so lautet der versöhnliche Schluss Ihres Buches „Bewegtes Schweigen“. Beeindruckend schildern Sie, liebe Betty Bausch-Polak, und Ihre Schwester darin als Zeitzeuginnen Ihre Erlebnisse aus den Kriegsjahren des 2. Weltkrieges.

Mit Ihren - ich hoffe, ich darf das verraten - 96 Jahren blicken Sie nicht nur auf ein sehr bewegtes Leben, sondern auch auf ein ereignisreiches Jahrhundert zurück. Ein Jahrhundert mit Höhen und Tiefen. Was haben Sie nicht alles erlebt - und erlitten. Heute sind Sie in zwei Ländern zuhause: in den Niederlanden und in Israel.

Während der Zeit des Nazi-Regimes schloss sich Betty-Bausch-Polak gemeinsam mit ihrem Mann einer Widerstandsgruppe in den Niederlanden an, wo sie zuhause war. Sie lebten im Untergrund, unter mehrfach wechselnden falschen Namen, blieben nie länger als drei Monate an einem Ort. Betty Bausch-Polak verdiente ihren Unterhalt als Bauernmagd, Kindermädchen, Putzhilfe, Dienstbotin oder Sozialarbeiterin. Allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz wurden Betty Bausch-Polak und ihr Mann verhaftet. Ihr Ehemann wurde 1944 von deutschen Besatzern erschossen. Sie kam frei. Ihre Eltern und Geschwister wurden deportiert. Die Eltern und ihre Schwester Juul wurden in einem der Vernichtungslager ermordet. Und wie durch ein Wunder konnte sie selbst in den Niederlanden überleben, und auch ihr Bruder Jaap und ihre Schwester Lies kamen aus den Konzentrationslagern frei.

Wie viele Überlebende des Holocaust sprach Betty Bausch-Polak lange nicht über ihre traumatischen Erlebnisse. Aber schließlich entschied sie sich, ihr Schicksal und das ihrer Familie zum Anlass zu nehmen, um aufzuklären und gegen das Vergessen zu kämpfen. Es dauerte bis in die 1990er Jahre, bis sie die traumatischen Ereignisse aufarbeiten, darüber sprechen und sie schließlich - gemeinsam mit ihrer Schwester Lies - auch aufschreiben konnte.

Seit vielen Jahren besucht Betty Bausch-Polak mit beneidenswerter Energie immer wieder Schulen in Deutschland und klärt auf - über ihre Erlebnisse, das Unrecht und die Gräueltaten des Nazi-Regimes. Vergangenheitsbewältigung, Schulen ohne Rassismus und auch die Verbesserung der deutsch-niederländischen Beziehungen sind ihr ein besonderes Herzensanliegen. Eindrucksvoll macht sie deutlich, dass man aus der Geschichte lernen kann - und lernen muss. Nur so gelingt es, Ungerechtigkeiten, Diskriminierung und Gewalt entgegenzuwirken.

„Wenn man so was wie den Holocaust überlebt hat, muss man einfach das Leben lieben, es umarmen und auf die Menschen zugehen“, sagte Betty Bausch-Polak in einem Zeitungsinterview. Und das tut sie bis heute! Liebe Betty Bausch-Polak: Ich bin stolz und glücklich, Ihnen heute für Ihren unermüdlichen Einsatz gegen das Vergessen das Verdienstkreuz am Bande überreichen zu dürfen.



Ulrike von Bünau aus Siegen

Von dem österreichischen Schriftsteller Adalbert Stifter stammt der Satz: „Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das höchste Glück auf Erden.“

In diesem Sinne trägt Ulrike von Bünau seit Jahrzehnten durch ihr Mitfühlen und Empfinden zum Glück vieler Menschen bei. Anderthalb Jahrzehnte spendet sie bei der Telefonseelsorge Siegen Trost und gab Hilfestellung für das Leben. Im Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Siegen-Weidenau wirkt sie im Tansania-Ausschuss der Gemeinde mit. Über zehn Jahre kümmert sich Ulrike von Bünau im „Verein für praktizierte Gastfreund­schaft Siegen“ mit dem Namen „Stolperstein“ unter anderem um Menschen, die aufgrund von Drogen- und Alkoholsucht den Kontakt zu ihren Mitmenschen verloren haben. Sie hillft im Bistro dieser Begegnungsstätte aus und schenkt einsamen und hilfesuchenden Gästen stets ein „offenes Ohr“.

Ulrike von Bünau ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Atempause Hüttental“. Sie ist Gründungsmitglied dieses von Bürgerinnen und Bürgern der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden in Siegen-Geisweid und Siegen-Weidenau gegründeten Vereins. Um pflegende Angehörige von an Demenz erkrankten Menschen zu unterstützen, baute sie den „Entlastungsdienst” mit auf.

Sie war schon über 60 Jahre alt, als Ulrike von Bünau eine Ausbildung zur Hospizhelferin machte. Anschließend war sie fast zehn Jahre im ambulanten Hospizdienst tätig. Mit großer Empathie begleitete sie schwerstkranke Menschen und deren Angehörige in ihrem häuslichen Umfeld. Und das nicht nur tagsüber, sondern auch in zahllosen Nachtdiensten.

Ulrike von Bünau ist außerdem Schatzmeisterin bei der Alzheimer Gesellschaft Siegen. Im Beratungsteam des Vereins stand sie über zehn Jahre Hilfesuchenden Rat gebend zur Seite.

Genauso erwähnenswert ist ihr Einsatz für den „Innerwheelclub Siegen“ (IWC), den Ulrike von Bünau 1989 mit gründete. Als Präsidentin, Vizepräsidentin und Distriktpräsidentin zeigt sie soziales und persönliches Engagement. Der IWC unterstützt zum Beispiel die MS-Gruppe in Siegen-Weidenau, den Verein „Stolperstein“ und die Beratungsstelle für Mädchen in Not.

Liebe Ulrike von Bünau, Ihr langjähriger und vielfältiger Einsatz für so viele Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, wird heute mit dem Verdienstkreuz am Bande belohnt.



Heinz Brandt aus Dinslaken

Von Leo Tolstoi stammen die Worte „Grüble nicht, was möglich ist und was nicht. Tu, was du mit deinen Kräften zustande bringst – darauf kommt alles an“.

Heinz Brandt hat ganz bestimmt nicht gegrübelt, denn dafür wird er bei seinem Engagement für „seinen“ Stadtteil wahrlich keine Zeit gehabt haben. Heinz Brandt hat für die ehemalige Bergarbeitersiedlung Lohberg in Dinslaken
40 Jahre lang sehr viel zustande gebracht! Eine Vielzahl von Projekten ist mit seinem Namen verbunden.

Bereits in den 70er Jahren wirkte er in der „Interessengemeinschaft Lohberg“ und in der „Stadtteilgruppe Lohberg“ mit und war seit der Gründung 1990 bis Ende 2013 Vorsitzender des „Forum Lohberg“ Die Stilllegung der Zeche Lohberg im Jahre 2005 führte zum Wegfall des größten Arbeits- und Ausbildungsplatzanbieters in Dinslaken und stellte das Stadtteilprojekt vor große Herausforderungen. Heinz Brandt hat es verstanden, diese Heraus­forderung anzunehmen. Er organisierte Stadtteilfeste und Sprachförderungs­programme, er brachte die Vernetzung von sozialen, kulturellen und religiösen Gruppen, Wohlfahrtsverbänden und Bildungseinrichtungen voran. Kurz: Er brachte Lohberg auf einen guten Weg.

Das „Ledigenheim“, ein ehemaliges Wohnheim für ledige Bergleute, ist ein weiteres Beispiel für sein herausragendes Engagement für seinen Stadtteil. Dank der Initiative von Heinz Brandt und mit Hilfe von Fördermitteln der EU, des Bundes, des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Dinslaken konnte das Gebäude aufwändig saniert und denkmalgerecht umgebaut werden. Im Laufe der Jahre hat es sich zu einem gewerblichen, kulturellen und gastronomischen Zentrum für die Stadt und die Umgebung entwickelt. Inzwischen sind private Unternehmen, Vereine und die Stadtteilbibliothek dort ansässig, es finden Konzerte, Theateraufführungen und Tagungen statt und das „Ledigenheim“ gilt als Impulsgeber für die Wirtschaft vor Ort. Ebenfalls unter der Leitung von Heinz Brandt setzte sich das „Forum Lohberg“ erfolgreich für den Erhalt des Förderturms der Zeche Lohberg als Landmarke für die Region ein.

Jahrzehntelang war Heinz Brandt sehr arbeits- und zeitintensiv ehrenamtlich für Lohberg und die Menschen, die dort leben, aktiv – mit Beginn seines Renteneintritts sogar häufig über 40 Stunden in der Woche. Als Vorsitzender des Forums Lohberg nahm er an allen Bürgerbeteiligungen und Veranstal­tungen teil und leitete diese oftmals persönlich. Es gab kaum eine Veranstaltung, bei der Heinz Brandt nicht präsent war. Er hatte immer ein offenes Ohr für die Probleme seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger und versuchte zu helfen, wo es möglich war. Heinz Brandt ist eine bekannte und geschätzte Persönlichkeit in Lohberg. Für diesen Einsatz, für das, was Sie, lieber Heinz Brandt, dort zustande gebracht haben, werden Sie heute mit dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.







Dr. Sabine Felbecker aus Bochum

„Not sehen und handeln“ lautet ein Leitmotiv der Caritas. Dr. Sabine Felbecker hat dieses Prinzip beispielhaft umgesetzt und mit Leben gefüllt.

Sabine Felbecker ist eine engagierte Lehrerin für Englisch und katholische Religion am Elsa-Brandström-Gymnasium in Oberhausen. Eine Studienkollegin von ihr lebt in Rumänien und leitet in der Stadt Lipova das dortige Caritas-Haus. Durch ihre Freundin erfuhr Sabine Felbecker von der großen Not, die in der dortigen Region herrscht.

Schnell war ihr klar: Hier muss praktische Hilfe geleistet werden. 2002 gründete Sabine Felbecker an ihrer Schule die Arbeitsgemeinschaft „pupils for the poor“, die sie seither leitet. Das ganze Jahr über sammeln die Schülerinnen und Schüler der Arbeitsgemeinschaft Geld, veranstalten Aktionen und betreiben ein Catering, um finanzielle Mittel für Rumänien zu erwirtschaften. Höhepunkt der Hilfsaktionen ist das alljährliche „Workcamp“ in Rumänien. Sabine Felbecker verbringt mit einer Gruppe von Jugendlichen eine Woche in den Herbstferien in Lipova, um arme Menschen vor Ort tatkräftig zu unterstützen. Unter Anleitung von Fachkräften werden Häuser renoviert, Betten aufgebaut, Öfen installiert und Gebäude gesäubert. Ob anstreichen, bohren oder sägen - keine Arbeit ist den Jugendlichen zu schwer. Kinderfeste und Seniorennachmittage runden das Programm ab. Die Schülerinnen und Schüler leben in dieser Zeit bei rumänischen Familien oder in der Caritas-Station. Viele werden erstmals im Leben mit Not und Armut konfrontiert, die sie aus Deutschland so nicht kennen, und sie sind immer wieder beeindruckt, wie herzlich, unverstellt und mit welch großer Gastfreundschaft sie willkommen geheißen werden. Dass nicht nur mit materiellen Dingen Hilfe geleistet werden kann, sondern auch durch Anteilnahme, Zeit und Aufmerksamkeit - das ist nur eine Erkenntnis, die die Jugendlichen mit zurück nach Deutschland nehmen.

Neue Wege beschritt Sabine Felbecker in ihrer Schule gemeinsam mit anderen auch mit den Projekten „Jung besucht Alt“, „Jung malt mit Alt“, „Jung musiziert mit Alt“ und „Jung liest mit Alt“. In einer Art „festen Patenschaft“ kümmern sich Jugendliche um betagte Menschen in Seniorenheimen. Sie gehen gemeinsam spazieren, Eis essen oder hören einfach nur den Erzählungen der Seniorinnen und Senioren zu. Viele der entstandenen Kontakte bestehen seit Jahren und werden über die Schulzeit hinaus gepflegt.

Liebe Frau Dr. Felbecker - es gibt viele gute Beispiele für Engagement von Lehrerinnen und Lehrern in den Schulen unseres Landes, die mit Mut, Ideen und Tatkraft innovative Projekte angehen. Ihr Einsatz aber ist etwas ganz besonderes, und ich freue mich, Ihnen heute das Verdienstkreuz am Bande aushändigen zu dürfen.



Hildegard Fielenbach-Hensel aus Goch

„Refugees welcome“ - immer wieder liest man in diesen Wochen den Willkommensgruß auf Plakaten für Tausende von Flüchtlingen, die in Deutsch­land Schutz suchen. Für Hildegard Fielenbach-Hensel war es schon in den 1990er Jahren selbstverständlich, sich für Flüchtlinge und Asylsuchende in ihrer Heimatstadt Goch einzusetzen.

Seither organisiert sie Sprachkurse für Frauen, bemüht sich um Hilfsangebote für traumatisierte Flüchtlinge und kümmert sich um Flüchtlingskinder. Termine bei Ausländer- oder Sozialämtern, Krankenkassen oder möglichen Arbeitsstellen - Hildegard Fielenbach-Hensel ist zur Stelle, wenn Flüchtlinge Hilfe brauchen. 1993 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern eines Vereins zur Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Goch. Seit mehr als
20 Jahren ist sie für Menschen mit Migrationshintergrund Vertraute, Ratgeberin und Respektsperson. Ob Kleidung, Kinderwagen, Schulranzen, Kochherde oder Mobiliar - sie weiß, wo diese Sachen gebraucht werden und wo sie vorrätig sind. Liebevoll anerkennend wird sie von Flüchtlingen „Frau Hilda“ genannt.

„Frau Hilda“ war es auch, die gemeinsam mit der Verkehrswacht einen „Fahrrad-Grundkurs“ für Frauen ins Leben rief. Da Migrantinnen häufig kein Auto zur Verfügung steht, sollen sie auf diesem Weg den sicheren Umgang mit Fahrrädern im Straßenverkehr erlernen. Ein örtlicher Fahrradhändler stellte eigens dafür Leihfahrräder zur Verfügung.

Hildegard Fielenbach-Hensel ist Mitglied von „Bündnis 90/Die Grünen“ und vertritt ihre Partei seit 1994 im Rat der Stadt Goch - seit 2010 als Fraktions­vorsitzende. Und seit mehr als zehn Jahren hilft sie bei der „Arche“ in Goch - einer Informations- und Anlaufstelle, die auch die „Gocher Tafel“ betreibt.

Angefangen hatte Hildegard Fielenbach-Hensel ihr ehrenamtliches Engagement bereits Mitte der 1980er Jahre. Damals zog sie mit ihrer Familie nach Goch und fand keinen Kindergartenplatz für ihre Tochter. Entschlossen ging sie dieses Problem an: Hildegard Fielenbach-Hensel arbeitete sich in Betriebskostenführung und Kindergartengesetzgebung ein. Sie knüpfte Kontakte zu betroffenen Eltern und setzte sich lange und ausgiebig mit den Behörden auseinander. 1987 konnte schließlich der erste Initiativkindergarten in Goch seinen Betrieb aufnehmen. Frau Fielenbach-Hensel sei Dank.

Vor so vielfältigem Engagement können wir nur den Hut ziehen. Ich freue mich, Ihnen dafür das Verdienstkreuz am Bande überreichen zu dürfen.



Klaus-Ulrich Franzke aus Gütersloh

Der Tag von Klaus-Ulrich Franzke muss - wie der Tag von vielen der hier Anwesenden - mehr als 24 Stunden haben. Zumindest entsteht dieser Eindruck, wenn man auf das jahrzehntelange Engagement Klaus-Ulrich Franzkes blickt.

Schon 1976 gehörte Klaus-Ulrich Franzke dem AWO-Ortsverein Gütersloh an und begleitete in den 1980er Jahren zahlreiche Kinder- und Jugendfreizeiten. Von 2003 an übernahm er für neun Jahre den Vorsitz des Ortsvereins. In dieser Funktion leitete er - neben zahlreichen weiteren Vorstandsaufgaben - seit 2005 jährlich eine vierzehntätige Seniorenfreizeit auf der Nordseeinsel Spiekeroog.

Unter dem Eindruck der Folgen des Balkankonflikts in den 1990er Jahren organisierte Klaus-Ulrich Franzke 1991 eine erste Weihnachtspäckchenaktion für Kinder in Bosnien-Herzegowina. Aus dieser Weihnachtsaktion entstand 1992 die Aktion „Kinder in Not, Hilfe für Kinder in Kroatien und Bosnien“, für die er sich bis heute engagiert. Mit Unterstützung der „Johanniter Unfallhilfe“ wurden bisher mehr als 300 Hilfsgütertransporte in die Region durchgeführt, die Klaus-Ulrich Franzke mehrfach persönlich begleitete, auch um bei all diesen Hilfsgütertransporten sicherzustellen, dass die Spenden und Hilfsgüter in vollem Umfang bei den bedürftigen Menschen ankommen. Neben der Unterstützung weiterer Hilfsgüterprojekte in Polen und Afghanistan gilt sein Engagement seit 1997 bedürftigen Menschen in Gütersloh und der Gütersloher Tafel. Inzwischen ist der Verein - nicht zuletzt durch den unermüdlichen Einsatz Klaus-Ulrich Franzkes - von den ursprünglich 15 Mitgliedern auf sieben hauptamtliche und rund 650 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen, die in über 50 Verteilstellen 3800 Menschen mit Lebensmitteln versorgen.

Aber damit nicht genug, sammelt Klaus-Ulrich Franzke gemeinsam mit seinem Team und mit der Unterstützung des AWO-Ortsvereins Gütersloh seit 2010 Spenden. Damit wird Kindern, deren Eltern es sich nicht leisten können, in den Sommerferien ein Freibadbesuch ermöglicht. Seit 2013 werden in einigen Fällen auch die Kosten für Schwimmkurse bedürftiger Kinder übernommen. Neben diesem Engagement setzt sich Klaus-Ulrich Franzke seit 2010 als Mitglied des Seniorenbeirates Gütersloh aktiv für die Belange von Seniorinnen und Senioren ein.

Lieber Herr Franzke, ich freue mich, Ihnen heute für Ihr herausragendes Engagement das Verdienstkreuz am Bande überreichen zu dürfen.



Hans W. Geißendörfer aus Köln

Den Vater der „Lindenstraße“ eigens vorzustellen, hieße wohl, die berühmten Eulen nach Athen zu tragen, denn wer kennt ihn nicht, den Mann mit der Wollmütze und Produzenten des jahrzehntelangen Dauerbrenners in deutschen Wohnstuben: Hans W. Geißendörfer. Weniger bekannt ist sicher, dass Hans W. nur der Künstlername ist, denn eigentlich heißt er Wilhelm Max.

Vermutlich ist es auch den meisten neu, dass Hans W. Geißendörfer zu der ersten 1985 gemeinsam mit dem WDR aus der Taufe gehobenen TV-Dauerserie durch seine eigene Kindheit in einem Mehrfamilienhaus im fränkischen Neustadt a. d. Aisch inspiriert wurde. Seit sage und schreibe 30 Jahren bildet die „Lindenstraße“ sonntäglich mit den fiktiven Bewohnerinnen und Bewohnern einer Münchener Straße den Alltag der Menschen ab, die durchaus einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung entsprechen. Dabei ist dem Schöpfer der Serie das Kunststück geglückt, die Zuschauer mit seinem Format und durch sein Konzept bis heute zu überzeugen: Mit wachem Auge und kritischem Blick hat Hans W. Geißendörfer es verstanden - und tut es noch -, die gesellschaftspolitischen Entwicklungen in Deutschland zu begleiten; nicht nur Jahreszeiten und aktuelle Geschehnisse entsprechen der Lebenswirklichkeit der Zuschauer. Vor allem versteht er es, gesellschaftspo­litisch durchaus kontrovers diskutierte Themen aufzugreifen und auf diese Weise eine breite Bevölkerungsschicht in die Diskussion einzubeziehen. Ihm gebührt das Verdienst, dass er sozusagen durch die Hintertür der Unterhaltung politisches Bewusstsein schafft und so auch Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht, die durch andere Formate nicht erreicht worden wären. Hans W. Geißendörfer war zum Beispiel der Erste, der das Thema Aids im Fernsehen problematisierte. Unvergessen sind auch die Diskussionen, die der erste gezeigte Kuss eines homosexuellen Paares auslöste. So sorgte er in deutschen Wohnzimmern an einer nicht zu beziffernden Anzahl von Sonnta­gen für nachdenklich machenden Gesprächsstoff über alle Zuschauergenera­tionen hinweg.

Den Erfinder und Produzenten der vielfach ausgezeichneten Kultserie auf diese zu reduzieren, wäre aber natürlich viel zu kurz gegriffen. Damit würde man seinem Schaffen, mit dem er sich um den deutschen Film verdient gemacht hat, wahrlich nicht gerecht werden. Bereits 1969 erhielt Hans W. Geißendörfer für seinen Horrorfilm „Jonathan“ den Bundesfilmpreis für die beste Nachwuchsregie. Sein Film „Die gläserne Zelle“ nach Patricia Highsmith wurde 1979 als erster deutscher Film nach 20 Jahren für den „Oscar“ nominiert. Letzteres gelang ihm 1994 erneut für den von ihm produzierten Spielfilm „Justiz“ nach einem Roman von Friedrich Dürrenmatt. Hans W. Geißendörfer scheut nicht vor brisanten politischen Themen zurück, seine Produktionen sind intelligent und ambitioniert.

Doch neben Regiearbeit und Produzententätigkeit bemüht er sich immer auch um den Nachwuchs und unterstützt zudem kleinere Festivals. So engagiert er sich als ehrenamtliches Jurymitglied zahlreicher Filmfestivals und durch die Übernahme von künstlerischen Patenschaften, wie die der 23. Bamberger Kurzfilmtage im Jahr 2013. Mit der Initiative „Schätze des deutschen Films“ setzt er sich für die Bewahrung und Digitalisierung des deutschen Filmerbes ein.

Ich freue mich, Ihnen, lieber Herr Geißendörfer, in Anerkennung Ihres Wirkens heute das Verdienstkreuz am Bande aushändigen zu dürfen.



Erkan Kocalar aus Duisburg

Bernhard Lichtenberg, ein deutscher Priester, als Gerechter unter den Völkern in Yad Vashem geehrt, hat gesagt: „Die Taten eines Menschen sind die Konsequenzen seiner Grundsätze. Sind die Grundsätze falsch, so werden die Taten nicht richtig sein.“ - Dass die Grundsätze von Erkan Kocalar richtig sind, das sehen wir ganz deutlich an seinem erfolgreichen Wirken für Andere.

Als Fünfjähriger kam Erkan Kocalar mit seiner Familie aus der Türkei nach Deutschland. Schon in der Schule begann er sich für andere zu engagieren. Das setzte sich fort, als er sich während seiner Ausbildung bei der Thyssen Krupp Stahl AG als Jugendvertreter für die Interessen der Auszubildenden einsetzte. Seit seinem 25. Lebensjahr ist Erkan Kocalar im Betriebsrat der ThyssenKrupp Steel Europe AG, er wurde zum Vertrauensmann der IG Metall in Duisburg gewählt und bereits mit 26 Jahren wurde er Mitglied der Delegiertenversammlung, dem obersten Organ der örtlichen Organisation der IG Metall. Die Schwerpunkte der gewerkschaftlichen Arbeit von Erkan Kocalar sind auch heute noch unverändert die Tarif- und Sozialpolitik, die Chancengleichheit von gering qualifizierten Beschäftigten und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Erkan Kocalar für die IG Metall Berater in Fragen der Migration und der Ausländerberatung; er ist Mitglied des Integrationsausschusses seiner Gewerkschaft und widmet sich besonders den Themen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Asylrecht und Weiterbildung.

Erkan Kocalars großes Engagement gilt aber auch der Kommunalpolitik. In der Partei „Die Linke“ setzt er sich für die Integration ein und ist mittlerweile dritter Bürgermeister der Stadt Duisburg - nebenbei bemerkt der erste Bürgermeister, der seine Wurzeln in der Türkei hat. Dafür erhielt er die Unterstützung auch von anderen Parteien. Als Bürgermeister türkischer Herkunft sieht er sich bewusst auch als Bindeglied zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den Migrantinnen und Migranten in seiner Heimatstadt Duisburg. Erkan Kocalar ist heute für viele zugewanderte Mitbürgerinnen und Mitbürger eine wichtige Anlaufstelle im Rathaus.

Lieber Erkan Kocalar, wir danken Ihnen für Ihr vorbildliches Engagement, das heute mit dem Verdienstkreuz am Bande gewürdigt wird.



Anna und Friedhelm Kruse aus Rheine

„Das beste Mittel, jeden Tag gut zu beginnen, ist: beim Erwachen daran zu denken, ob man nicht wenigstens einem Menschen an diesem Tage eine Freude machen könne.” Meinte Friedrich Nietzsche. Und es scheint so, dass Anna und Friedhelm Kruse jeden Tag genau mit diesem Gedanken beginnen. Seit sage und schreibe 35 Jahren sind die beiden ehrenamtlich für den „Caritasverband Rheine“ tätig. Mit Herzblut engagieren sie sich vor allem für die Kleiderkammer, die beide mitgegründet haben. Im Laufe der Jahre konnten Anna und Friedhelm Kruse eine Reihe von Veränderungen anregen und umsetzen: Ob es um längere Öffnungszeiten ging oder gleich komplette Umzüge der Kleiderkammer zu organisieren waren, die Kruses waren immer an vorderster Stelle dabei, wenn es darum ging, das Angebot noch mehr Menschen zugänglich machen zu können. Inzwischen ist die Kleiderkammer in das ‚Caritas Sozialkaufhaus Brauchbar & Co‘ integriert. Mit den Jahren hat die Nachfrage deutlich zugenommen.

Die Eheleute Kruse engagieren sich nahezu rund um die Uhr. Anna Kruse trägt als ehrenamtliche Leiterin der Kleiderkammer die Verantwortung für den Verkauf, für die Kasse, für die Präsentation der Waren, für die Pflege des Verkaufsraums, aber auch für die Einsatzpläne der 18 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Sie unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit und ist für die Betreuung der Praktikantinnen und Praktikanten zuständig. Zusätzlich hat sie über 20 Jahre lang ihre Erfahrungen und ihren Sachverstand als Mitglied des Caritas Beirates eingebracht und war so entscheidend an der Gesamtentwicklung der Caritasarbeit in Rheine beteiligt.

Friedhelm Kruse unterstützt die Arbeit der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Kleiderkammer und hilft dort, wo er gebraucht wird. Wenn eine der Helferinnen oder Helfer ausfällt, ist Friedhelm Kruse stets zur Stelle und springt ein. Und das nicht nur in der Kleiderkammer. Wendet sich jemand hilfesuchend an die Caritas, weiß Friedhelm Kruse nicht nur Rat, er hilft! So verwaltete Friedhelm Kruse in den neunziger Jahren die Mittel für die Unterstützung von Familien aus Bosnien-Herzegowina, die während des Balkankrieges von der Kirchengemeinde Herz-Jesu aufgenommen wurden. Neben seinem übrigen ehrenamtlichen Engagement übernahm er zusätzlich die Betreuung einer psychisch erkrankten jungen Frau und unterstützte sie auf ihrem Weg zurück in die Selbstständigkeit.

Die Eheleute Kruse sind darüber hinaus in der Pfarrcaritas der Kirchengemeinde Herz-Jesu engagiert. Beide waren außerdem Mitglieder der Dekanats-Caritas-Konferenz und sind bis heute als tatkräftige Ansprechpartner sehr beliebt. Und stets sind sie zur Stelle, wenn es darum geht, spontan bedürftigen Menschen zu helfen.

Ich freue mich heute ganz besonders, liebe Anna und lieber Friedhelm Kruse, Ihnen das Verdienstkreuz am Bande zu überreichen. Nehmen Sie es als Zeichen der Wertschätzung für Ihre langjährige gelebte Mitmenschlichkeit.



Maria Poquett aus Aachen

„Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben“ - Nach diesen Worten des Gelehrten Wilhelm von Humboldt muss Maria Poquett ein ganz besonders wertvolles Leben führen. Denn vielen Menschen ist sie verbunden – besonders aber den Menschen mit Handicap.

Seit fast 20 Jahren ist Maria Poquett Vorstandsvorsitzende des Vereins für Körper- und Mehrfachbehinderte Aachen (VKM). Von einer Privatinitiative gegründet, baut sie diesen zunächst kleinen zu einem professionell aufgestellten Verein auf - mit heute immerhin mehreren hundert haupt- und ehrenamtlich Tätigen. Insbesondere liegt Maria Poquett die Verbesserung der Wohn- und Ausbildungssituation benachteiligter junger Menschen am Herzen. Die Errichtung von zwei Wohnhäusern und die Renovierung eines weiteren Hauses in Aachen für Menschen mit Behinderung sind vor allem ihr Verdienst. Sie packt selbst mit an, kümmert sich um die Finanzierung, den Betrieb und die soziale Betreuung in den Projekten. In dem über den VKM gegründeten Bistro „Kränzchen“ finden Menschen mit und ohne Handicap Arbeit.

Maria Poquett ist es gemeinsam mit dem „DAS DA Theater“ in Aachen gelungen, das Inklusionsprojekt MOMO zu verwirklichen. Das Theater­ensemble, bestehend aus mehr als 50 Schauspielerinnen und Schauspielern mit und ohne Handicap, verzauberte mit diesem Theaterstück das Publikum.

Maria Poquett organisiert als Vorsitzende des Stiftungsbeirats der „Heemann Stiftung“ Spendengalas und beachtliche Zustiftungen sind überwiegend ihr zu verdanken. Die Stiftungsgelder sollen langfristig die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung verbessern helfen.

Als Maria Poquett im Jahr 2012 den Vorsitz des „Landesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen“ übernahm, der sich damals in einer schweren Krise befand, gelang es ihr innerhalb kürzester Zeit, den Verband neu auszurichten. Ein Kraftakt, wenn man bedenkt, dass hier die Interessen von ca. 5.000 Menschen mit Handicap in über 60 Mitgliedsorganisationen vertreten werden. Und ein weiteres Ehrenamt wird Maria Poquett 2012 angetragen - sie wird in den „Landesbeirat für die Belange behinderter Menschen in NRW“ berufen.

Liebe Maria Poquett, woher nehmen Sie nur die Zeit und Energie, sich so intensiv um so viele Menschen zu kümmern? Ganz herzlichen Dank für Ihren herausragenden Einsatz, für den ich Ihnen heute gerne das Verdienstkreuz am Bande überreiche.



Werner Sülzer aus Lindlar

„Learn, earn and return“:.. nach diesem Motto erfolgreicher amerikanischer Stifter engagiert sich Werner Sülzer seit vielen Jahrzehnten. Er hat seinen beruflichen und wirtschaftlichen Erfolg immer in den Dienst des Allgemeinwohls gestellt.

Denn Werner Sülzer hat u.a. als Vorsitzender des Aufsichtsrats der NCR GmbH - die zu den zehn renommiertesten Technologieunternehmen zählt und übrigens als ältestes IT-Unternehmen der Welt gilt - und als geschäftsführender Gesellschafter der SC Sülzer Consulting GmbH neben seinem beruflichen Erfolg seine Mitmenschen nie vergessen.

Die Liste des ehrenamtlichen Engagements, das Werner Sülzer parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit leistet, sprengt hier schier den Rahmen. Ich möchte Ihnen dennoch einiges von seinem Einsatz berichten und bitte um Ihr Verständnis, lieber Werner Sülzer, wenn manches unerwähnt bleibt.

Im „Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien“ ist er im Hauptvorstand außerordentlich aktiv und kümmert sich insbesondere um die Nachwuchsförderung. Als Mitglied der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland setzt er sich unermüdlich für den Investitionsstandort Deutschland ein. Im Verein „Atlantik-Brücke“ engagiert er sich für die deutsch-amerikanische Freundschaft. Werner Sülzer gehörte zwölf Jahre dem CeBIT-Messe-Ausschuß in Hannover an und hat sich mit großem persönlichem Engagement für die Fortentwicklung der CeBIT eingesetzt. In der „Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing“ leistet Werner Sülzer als Senior Advisor tatkräftige Unterstützung bei der Investorenanwerbung.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Werner Sülzer seit fast 50 Jahren regelmäßig Projekte der Missionsarbeit finanziell unterstützt, und dass er den „Werner-Sülzer-Stiftungs-Fond“ für die Förderung junger Musikerinnen und Musiker eingerichtet hat. Damit ist er ein bedeutender Zustifter der Stiftung Cusanuswerk, die das Begabtenförderungswerk Cusanuswerk unterstützt.

Lieber Werner Sülzer, Ihr langjähriger und vielfältiger Einsatz – nicht nur für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sondern auch für unzählige Menschen, die von Ihren Stiftungen und Initiativen profitieren, wird heute mit dem Verdienstkreuz am Bande gewürdigt.







Renate Tschirner aus Moers

Viele Eltern kennen das Gefühl der Ohnmacht, wenn das eigene Kind den falschen Weg einschlägt. So erging es auch Renate Tschirner. Mitte der 1970er Jahre brach eines ihrer Kinder kurz vor dem Abitur die Schule ab, weil es in die Drogenszene geriet. Drogenberatungsstellen waren damals noch selten.

Statt zu resignieren, fing Renate Tschirner an zu kämpfen: Sie machte sich sachkundig, schaltete die Presse ein, trat der SPD bei und wurde Ratsmitglied in Moers. So konnte sie auch auf politischer Ebene auf die Verzweiflung und Hilflosigkeit von Eltern drogensüchtiger Kinder aufmerksam machen. Für ihr mutiges Vorgehen wurde sie von vielen Menschen angefeindet, denn über Drogensucht sprach man zu dieser Zeit nicht öffentlich.

Nach und nach meldeten sich immer mehr Angehörige von Drogensüchtigen bei ihr. Ein Stammtisch zum Erfahrungsaustausch entstand. 1980 gehörte Renate Tschirner zu den Gründungsmitgliedern des Elternkreises drogen­gefährdeter und drogenabhängiger Jugendlicher in Moers. Als Vorsitzende baute sie in mehr als 25 Jahren ein umfangreiches Netzwerk an Hilfen auf, organisierte wöchentliche Gesprächsabende und leitete Präventionsveran­staltungen für Eltern an Schulen und Kindergärten. Im Laufe der Jahre schlossen sich weitere Elternkreise zu einem Bundesverband zusammen. Maßgeblichen Anteil hatte Renate Tschirner auch am Aufbau der „Drogenhilfe Moers“, die 1983 ihre Arbeit aufnahm.

Renate Tschirner engagierte sich im Landesfachbeirat „Sucht und Drogen“ und gehörte 15 Jahre dem Rat der Stadt Moers an. 20 Jahre schlichtete sie als Schiedsfrau des Amtsgerichtes Moers in Streitfällen.

Doch damit nicht genug: 2004 gründete Renate Tschirner zusammen mit anderen eine Senioren-Theatergruppe in Moers, die sie dann zehn Jahre lang leitete. Das Konzept vieler Theaterstücke sendet ein klares gesellschaftliches Signal: „Auch im Alter kann man noch etwas Neues lernen“. Bis heute stellt Renate Tschirner genau das unter Beweis.

Liebe Renate Tschirner, in mehr als 30 Jahren haben Sie nicht nur als Vorreiterin für die Drogenhilfe in Deutschland und für die Selbsthilfearbeit von Eltern mutige Pionierarbeit geleistet. Sie haben sich für Ihre Mitmenschen mit ganzer Kraft an vielen unterschiedlichen Stellen engagiert. Als Dank und Anerkennung erhalten Sie dafür heute das Verdienstkreuz am Bande.



Horst Wiechers aus Münster

Von dem Philosophen und Schriftsteller George Santayana stammt der Satz „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“

Das hat sich Horst Wiechers zu Herzen genommen, denn er engagiert sich auf vielfältige Weise gegen das Vergessen und für die Auseinandersetzung vor allem mit den nationalsozialistischen Verbrechen. Der pensionierte Studien­direktor ist seit 1999 eine zentrale Persönlichkeit im Verein „Gegen das Vergessen - Für Demokratie“ und Regionalsprecher der überparteilichen Bundesvereinigung in der Arbeitsgruppe Westfalen/Münsterland. Er füllt dieses mit hohem Zeitaufwand verbundene Amt durch eine erstaunliche Vielzahl von Aktivitäten aus. Um einige davon exemplarisch zu benennen: Ob es um die Organisation von Ausstellungen geht, wie die dreiteilige Ausstellung „Sonderzüge in den Tod - Die Deportation mit der Deutschen Reichsbahn“, um Schülerprojekte, Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer, Filmpräsentationen für die interessierte Öffentlichkeit, Podiumsdiskussionen oder um Zeitzeugengespräche, Gedenkstättenfahrten und die Mitwirkung bei Bündnissen gegen den Rechtsextremismus - die Palette ist ausgesprochen breit und vielschichtig. Bei alldem gelingt es Horst Wiechers hervorragend, junge Erwachsene mitzunehmen und für eigenes ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Er hat ein regelrechtes Patensystem entwickelt, wonach junge Neumitglieder in den ersten zwei Jahren ihrer Mitgliedschaft keinen finanziellen Beitrag leisten müssen. Den übernimmt kurzerhand Horst Wiechers aus eigener Tasche. In einer 2011 von der Regionalen Arbeitsgruppe einge­richteten „Jungen Akademie“ ist es Horst Wiechers, der in Wochenendsemi­naren jungen Menschen die Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Verbrechen und dem Unrecht des SED-Staates nahe bringt.

Damit nicht genug: Er engagiert sich auch im Vorstand des Fördervereins Villa ten Hompel. Gerade seiner Initiative und Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass aus der Villa überhaupt ein Geschichtsort zur Erinnerungs-, Forschungs- und Bildungsstätte werden konnte. Horst Wiechers gilt als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Organisationen. Immer legt er besonderen Wert auf die Einbindung und Förderung junger Menschen. Dabei nimmt er das komplette Spektrum von Bildungs- und Kulturarbeit, Jugendbegegnungs-, Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit in den Blick. Die Produktion einer Erinnerungs-DVD über das Verstecken einer jüdischen Familie zählt ebenso zu seinem lokalhistorischen Engagement wie die Erarbeitung von Rundgängen und Radtouren zu den Originalschauplätzen des historischen Geschehens in Münster. Das Multitalent ist Schatzmeister, Lehrer und Dozent, Produzent, Organisator, Mediator und Projektarchitekt - alles in einer Person.

Es ließen sich durchaus noch eine Reihe anderer Felder aufführen, auf denen Horst Wiechers sich engagiert hat (GEW, Volksbund Deutsche Kriegsgräber­fürsorge) oder dies auch heute noch tut (Erich Kästner-Gesellschaft). Nicht umsonst ist er für sein Engagement bereits 2012 zum Bürgerfest ins Schloss Bellevue eingeladen worden. Ich freue mich, Ihnen, lieber Herr Wiechers, heute für Ihren außerordentlichen ehrenamtlichen Einsatz das Verdienstkreuz am Bande überreichen zu dürfen.