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Ein Schüler legt Feuer

Der 15-jährige Hauptschüler war schon länger als Problemkind bekannt. Unerlaubt verließ er den den Schulhof und legte ein Feuer. Als hierbei ein Pferd ums Leben kam, verlangte der Besitzer des Pferdes von der Schule Schadenersatz: Verletzung der Aufsichtspflicht.

Dazu das Gericht:

"Es kann den Bediensteten des beklagten Landes nicht als Verletzung ihrer Aufsichtspflicht zur Last gelegt werden, dass sie den Schüler nicht ständig in allen Bereichen der Schule oder des Schulhofes derart beobachteten und unter Kontrolle hielten, dass ihm das Verlassen des Schulgeländes unmöglich gemacht wurde. Eine ständige Überwachung 'auf Schritt und Tritt' ist nicht einmal bei Kindern im Kindergartenalter und erst recht nicht im Schulalter erforderlich...

Letzteres gilt erst recht bei Schülern im jugendlichen Alter von 15 Jahren. Das Maß der Aufsicht muss mit dem Erziehungsziel, die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis der Kinder und Jugendlichen zum selbständigen verantwortungsbewussten Handeln einzuüben, in Einklang gebracht werden. Dieser erwünschten Persönlichkeitsentwicklung wäre eine dauernde Überwachung hinderlich; deshalb dürfen und müssen Kindern in diesem Alter im Rahmen einer verantwortlichen Erziehung grundsätzlich auch Freiräume eingeräumt werden, bei denen ein sofortiges Handeln der Aufsichtspflichtigen zur Gefahrenabwehr nicht mehr möglich ist."

"Bei Minderjährigen, die zu üblen Streichen oder Straftaten neigen, ist eine erhöhte Aufsichtspflicht geboten...Ob - wie der Kläger meint - derartige Umstände dazu führen können, auch vom Lehrpersonal einer Schule die ständige Überwachung eines Schülers 'auf Schritt und Tritt' zu verlangen, erscheint allerdings zweifelhaft, da eine 'normale' Schule, deren Zweck und Erziehungsauftrag in erster Linie auf Vermittlung von Wissen zielt, organisatorisch und personell nicht darauf eingerichtet ist, 'gefährliche' Kinder und Jugendliche 'sicher zu verwahren'."

Auch die Tatsache, dass der Schüler im Lehrerkollegium als Problemkind galt, reicht für die Forderung nach einer lückenlosen Beaufsichtigung nicht aus. "Die Wendung 'Problemkind' lässt nicht erkennen, ob und gegebenenfalls welche Verhaltensstörungen vorhanden und erkennbar waren und ob aufgrund dessen mit der Schädigung Dritter zu rechnen war. Ohne derartige Umstände kann an die bloße Einstufung als 'Problemkind' keine Pflicht zu einer Aufsicht in Form ständiger Überwachung geknüpft werden."

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Neigung Jungen zu 'pyromanischem' Verhalten in der Schule bekannt war, war das Lehrpersonal nicht zu einer Überwachung auf Schritt und Tritt verpflichtet. Das Spiel mit dem Feuer ist eine Verfehlung, die bei Kindern und Jugendlichen nicht selten anzutreffen ist. "Derartige Vorfälle lassen allerdings bei ihrem anfänglichen auftreten noch nicht ohne weiteres auf eine 'pyromanische Neigung' mit der Gefahr zukünftiger Brandstiftung schließen. In den meisten Fällen wird ein Jugendlicher sich Ermahnungen und Verbote, die ihm bei einer Entdeckung derartiger Vorfälle durch die Eltern zuteil werden, zur Warnung dienen lassen. Davon, dass eine entsprechende Belehrung nebst einer Überwachung auf das Mitführen von Zündmitteln bereits im Elternhaus erfolgt und Wirkung zeitigt, darf auch das Lehrpersonal einer Hauptschule jedenfalls dann ausgehen, wenn keine außergewöhnlichen Umstände - wie besondere Aggressionsbereitschaft oder sonstige Verhaltensstörungen - gegen eine solche Annahme sprechen."

Das Landgericht hat die Klage auf Schadenersatz abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil bestätigt.

(Oberlandesgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 18 U 82/97)